Philosophie, Struktur und Rahmen der Einrichtung
Armut, materielle Notlagen, soziale Isolation, psychische Belastungen, Konflikte und Krisen in Familien, gesellschaftlicher Ausschluss, Diskriminierung und Benachteiligung sind wichtige Themen, mit denen wir uns beständig auseinandersetzen. Gesellschaftliche Teilhabe, Beteiligung, Ermutigung, praktische Begleitung, individuelle Unterstützung und Empowerment, Bildung und Inklusion sind die Ansätze und Gegenentwürfe mit und an denen wir arbeiten. Die Lösungen dafür, was jeweils im Einzelfall oder in der Familie, vor Ort und im Gemeinwesen, im Großen und Kleinen oder für spezifische Zielgruppen gebraucht wird, sind sehr verschieden. Deshalb entwickeln wird unsere Angebote beständig weiter.
Derzeit ca. 180 haupt- und nebenamtliche Fachkräfte begleiten in diesen unterschiedlichen Formen rund 400 Kinder, Jugendliche und Familien und sind damit wichtiger Teil sozialer Infrastruktur vor Ort. In kleinen Teams arbeiten Erzieher*innen, Diplom- (Sozial-) Pädagog*innen, Psycholog*innen, Therapeut*innen je nach Erfordernis mit Mitarbeiter*innen der Verwaltung, der Hauswirtschaft und Technik, Praktikant*innen und Freiwilligendiensten zusammen. Unsere Mitarbeiter*innen sind untereinander, im Stadtteil und Gemeinwesen gut vernetzt. Sie arbeiten eng mit Schulen, Kindertageseinrichtungen, anderen Vereinen, Diensten und Beratungsstellen zusammen. Unser buntes und vielfältiges dezentrales Netzwerk sozialpädagogischer Hilfen wird durch einen verbindlichen und transparenten Organisationsrahmen gestützt. Fachliche Begleitung, Anregung und Reflexion erhalten die Mitarbeiter*innen durch stabile Teamstrukturen. Sie werden kompetent beraten durch die jeweilige Bereichsleitung des Arbeitsfeldes. Des Weiteren stehen ein übergreifend tätiger Fachdienst Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie und vor Ort praktizierende Therapeut*innen im Rahmen der Supervision zur Seite.
Unsere Stärke sind unsere Mitarbeiter*innen, die ihre Kreativität und volle Kompetenz einsetzen. Im praktischen Tun heißt das bspw.: unterstützen, begleiten, erziehen, stärken, helfen, herausfordern, vernetzen, begegnen, zuhören, mitdenken, verstehen, aushalten, entgegenwirken, beraten, übersetzen, vermitteln, entlasten, für möglich halten…. Ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit ist es, in Auseinandersetzung und Beziehung mit den Menschen zu treten, mit denen wir arbeiten. Dies bedeutet immer wieder aufs Neue eine schwierige, weil fragile Gratwanderung zwischen Nähe und Distanz, die von allen Mitarbeiter*innen hohe Fachlichkeit und persönliches Interesse an der konkreten Begegnung mit Menschen voraussetzt. Ohne ein dauerndes Nachdenken, die Übernahme von Verantwortung und ein Sich-Einlassen geht es nicht. Unsere Arbeit ist deshalb immer auch „persönlich“. Persönliches Engagement ist keine Zutat, sondern Voraussetzung. Jede/r muss bereit sein, seine eigene Person einzubringen und in der Arbeit wirksam werden zu lassen. Die Einrichtung muss dafür den nötigen Rückhalt bieten und Rahmenbedingungen schaffen, damit Mitarbeiter*innen diese Aufgabe leisten können. Unsere Arbeit fordert, dass auch wir selbst bereit sind zu lernen und mit und an der Arbeit zu wachsen. Nicht nur die Kinder, Jugendlichen und Familien, sondern auch die Mitarbeiter*innen müssen und sollen sich fortentwickeln und in der Arbeit selbst etwas gewinnen (können). Sinnfragen sind kein Luxus. Das Nachdenken, die kritische Prüfung und Reflexion über das, was wir tun, setzt auf die Verantwortung des Einzelnen und die Entwicklung persönlicher Fähigkeiten. Jede*r ist gefordert selbstständig zu denken und zu handeln.
Wir unterstützen aktiv die Weiterqualifikation unserer Mitarbeiter*innen. Interne und externe Fortbildung werden institutionell stark gefördert. Die Wissens- und Erfahrungsbestände dienen dazu, richtig, also gerecht zu handeln. Da das immer nur annähernd gelingt, werden Reflexion, Feedback, fachliche Beratung und Supervision, Selbstreflexion und Kritik dringend gebraucht. Für ihren Erwerb und Erhalt muss die Institution im Ganzen und jeder Einzelne sorgen. In der Weiterentwicklung unserer Arbeit nehmen wir sozialwissenschaftliche Erkenntnisse und fachpolitische Innovationen auf und sind nach Kräften selbst Impulsgeber. Die regelmäßige Kooperation mit dem Institut für Erziehungswissenschaft in Form von Seminaren zu aktuellen Fragen der Professionalisierung und Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe, die Zusammenarbeit mit anderen Ausbildungsträgern in der Region sowie die einzelfallbezogene Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Tübingen sorgen für fachlichen Austausch im Sinne der Innovation und wirken als fachlich-strukturelle wie fallorientierte Qualitätssicherung.
Nicht die Institution und ihr Selbsterhalt stehen im Mittelpunkt, sondern unsere Arbeit mit und für Kinder, Jugendliche und Familien sowie die Arbeit am gesellschaftlichen Zusammenhalt. Unsere Einrichtung hat den Anspruch, in ihrer Organisationsstruktur flexibel zu sein und sich dadurch immer wieder neu zu bewähren. Auf neue Entwicklungen lassen wir uns offen ein. Gesellschaftliche Veränderungen nehmen wir bewusst wahr. Wir nutzen unser Wissen und Können für Innovation. Wir sind ein Netzwerk, das von all denen getragen und gestaltet wird, die darin arbeiten (und leben). Um diesen Anspruch tagtäglich verwirklichen zu können, sind demokratische Strukturen und verbindliche Formen der Mitbestimmung nötig. Die Übertragung von Autonomie und Verantwortung auf die einzelnen Teams, die Zusammenarbeit verschiedener Ebenen und Gremien, aber auch eine positive Einstellung zu fachlicher Kontrolle und (Selbst-)Kritik stützen unser Tun.
Wir wollen dort hilfreich sein, wo Menschen in Schwierigkeiten sind oder geraten und besondere Bemühungen zur Integration gebraucht werden. Dies muss sich in entsprechendem Handeln vor Ort abbilden. Dazu gehört auch, dass wir strukturelle Benachteiligungen erkennen, Menschenfeindlichkeit, gesellschaftliche Ausgrenzungsprozesse und soziale Ungleichheit thematisieren. In (fach-)politischen Gremien wirken wir mit und setzen uns anwaltschaftlich für die Belange von Kindern, Jugendlichen und Familien bei politischen Entscheidungsträgern ein. Visionen kommen nicht aus der Sozialpolitik, sind aber die Bedingungen ihrer möglichen Kraftentfaltung. Gerade in der „Krise“ ist Deutlichkeit der Fragen und Ziel-Bestimmung notwendig. Das enge Zusammenwirken mit Wissenschaft und Forschung und die Reflexion unserer Arbeit in der fachlichen Diskussion, Präsentation und Konfrontation, z.B. in der engagierten Mitarbeit in der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen, im PARITÄTISCHEN und anderen Gremien, geben wichtige Impulse und Gelegenheit uns an fachlichen und sozialpolitischen Entwicklungen aktiv zu beteiligen.